Trägheitsprinzip

Nein, ich rede nicht über das 1. Newtonsche Gesetz in der Physik. Ich möchte euch mal wieder einen kleinen Einblick in mein Leben mit Depression geben.

#depression #EigeneGeschichte

Es ist immer wieder schwer Menschen, die soetwas noch nie erlebt haben zu erklären, wie Depression funktioniert und was sie mit einem macht. Es gibt einfach keine Worte, die beschreiben können, was da in mir vorgeht. Andere Menschen hören dann nur wenn ich von keine Energie, kein Antrieb und völliger Erschöpfung rede und denken sich:

„Der ist einfach nur faul.“

“Stell dich nicht so an und krieg deinen Scheiß hin.“

“Du musst dir halt selbst mal in den Hintern treten!“

Wie soll man auch jemandem erklären, dass man nicht die Energie hat aus dem Bett aufzustehen? Dass man da liegt und fast ins Bett macht, weil man die Energie nicht aufbringen kann, die Decke wegzuschieben. Weil schon alleine das Atmen so viel Energie frisst, dass es einen völlig erschöpft.

Und dann gibt es andere Dinge, die (zumindest einigermaßen) funktionieren.

Ein Beispiel:

In meiner Küche steht seit einer Woche schmutziges Geschirr und wartet auf die Säuberung. Es ist nicht so viel und es wäre vermutlich in 20 Minuten erledigt. Mir fehlt dafür aber die Energie. Es fühlt sich an, als würden an jedem Teil meines Körpers Bleigewichte hängen. An Jedem Arm, jedem Bein, an den Händen, ja sogar an den Fingern. Es ist mühsam nach dem wach werden die Augen zu öffnen oder überhaupt erstmal wach zu werden. Als würde mein Verstand ebenfalls mit Gewichten am Boden gehalten.

Dann kommt das Problem Hunger. Um dieses Problem zu lösen sollte ich Spülen. Oder ich könnte mir die Baguettes aus dem Gefrierfach in den Backofen schieben. Oder das Fladenbrot aufbacken. Oder wenigstens einen Apfel aus dem Kühlschrank essen. Aber selbst das geht nicht, weil das aus dem Kühlschrank nehmen und Waschen zu viel ist.

Der Hunger geht davon natürlich nicht weg. Also was mache ich? Ich bestelle mir beim Lieferservice was zu essen. Dafür habe ich nun wirklich kein Geld, aber verhungern ist ja auch keine Option.

Gleichzeitig kann ich aber hier sitzen und Blogposts schreiben. Ich habe gestern sogar eine kurze Geschichte für einen besonderen Menschen geschrieben. Manche Dinge funktionieren einigermaßen und ich habe keine Ahnung warum.

Dieses Beispiel gilt hier natürlich nur für mich. Jeder Mensch und jede Depression ist anders. Es gibt eben Symptome, die viele von uns haben und Symptome, die eher seltener sind. Bei mir kommt auch noch das ADHS und vermutlich auch Autismus mit dazu. Die haben dann auch wieder ihre ganz eigenen Auswirkungen.

Mit diesem Post möchte ich sagen: Habt Verständnis, habt Mitgefühl (kein Mitleid!), seid Menschen!

Und an meine Leidensgenoss*innen möchte ich sagen: Du bist nicht allein. Ich sehe dich!